So sieht richtiges Familienleben aus!
Diesen Satz sagte mir mein Nachbar als wir uns vor ein paar Tagen über den Gartenzaun unterhielten. Natürlich ging es um die Corona-Krise und die damit gerade stattfinden Maßnahmen, wie eben Home Office.
Mein Nachbar kann, aufgrund seines Jobs, überwiegend von zu Hause arbeiten, doch auch für ihn in diese Situation etwas Neues. Auf einmal sollen die Aufträge nicht schon in ein paar Stunden erledigt sein. Ich kenne dies auch noch aus meiner vorherigen Firma, am besten sollte alles schon gestern erledigt sein. ?
Jetzt haben alle mehr Zeit und er kann in Ruhe, ohne größeren Druck seine Arbeit verrichten. Seine Frau ist inzwischen auch im Home Office und er ist nicht zwei bis drei Stunden am Tag unterwegs um die Kinder z.B. zu ihrem Sport zu bringen. Jetzt hat er Zeit auch für anderes, wie jetzt für seinen Garten und mehr Zeit mit der Familie. „So sieht richtiges Familienleben aus!“, sagte er abschließend.
Er hat Recht damit. Alles ist so schnell geworden und nun ist alles entschleunigt. Wir haben Zeit mal Luft zu holen und über uns nachzudenken.
Vor Corona hatte ich immer mehr den Eindruck, dass die Mehrzahl der Leute die Rechte der anderen mit Füssen treten, besonders dann, wenn sie glauben sie wären im Recht.
Wenn es in der Schule um das eigene Kind geht, dann sind die Rechte der anderen Kinder und Eltern egal. Die Lehrerinnen und Lehrer werden unter Druck gesetzt um das vermeintliche „Recht“ durchzusetzen, es werden mit rechtlichen Schritten gedroht, mit dem Gang zum Schulamt und vieles mehr.
Die gleichen Personen sind dann auch sicher diejenigen, die in einer Kurve vorm Einkaufsladen parken oder Garagen und Auffahrten blockieren, damit sie und ihre Kinder es nicht so weit zu Fuß haben. Sie sind sich dann auch so sicher in ihrem Rechtsempfinden, dass sie ganz verwundert sind, wenn man sie auf ihren Irrglauben hinweist und werden dann ausfallend und beleidigend.
Den Lehrerinnen und Lehrer bleiben dann nur noch lange Mails, in denen sie aus dem Schulgesetz zitieren müssen und am besten noch die passenden Urteile dazu parat haben. Das Ganze machen sie dann noch so „nebenbei“ neben ihren Unterrichtsvorbereitungen, Korrekturen und anderen Zusatzaufgaben für die Schule.
Auch ich kann mich von diesem Egoismus nicht freisprechen, wie oft sitze ich im Wagen und rege mich lauthals auf.
Und doch, in dieser momentanen Situation helfen sich die Menschen auf einmal einander. OK, vielleicht bis auf die oben beschrieben Menschen, die dann lieber das Klopapier hamstern.
Auch meine Familie merkt, dass wir immer ruhiger werden. Vorher sah der Tagesablauf so aus: morgens sehr früh aus dem Haus zur Schule, nachmittags zurück, was teilweise sehr lange dauern kann. Die Kinder haben dann auch ihre Termine und wir sehen uns erst am späten Nachmittag. Nachdem die Kinder dann im Bett sind, beginnt eigentlich die Elternzeit, die aber meist zu kurz kommt, da der Unterricht vorbereitet werden will und natürlich die anderen Dinge, die auf einen ansonsten noch warten.
Jetzt können wir mehr Zeit mit unseren Kindern verbringen, auch wenn wir einige Zeit für den Beruf aufwenden und die Große ihre Schulaufgaben macht, ja selbst unsere Kleine ist mit Feuereifer dabei und übt Lesen und überlegt wie ihre Einschulung sein wird. In der ersten Woche der Schulschließungen war ich wie üblich im Arbeitszimmer und führte von da aus meinen Unterricht durch und schloss einige Fortbildungen ab.
Heute aber saßen wir alle am Tisch und erledigten unsere Aufgaben, statt wie sonst im Arbeitszimmer und ich konnte endlich nach sehr langer Zeit in einem Rutsch für diesen Blog einen Artikel fertigstellen.
Das ist etwas, woran man sich gewöhnen kann ?
Schön wäre es, wenn sich aus diesem neuen Zugehörigkeitsgefühl die Einsicht herauskristallisieren würde, dass wir unsere Probleme nur zusammen lösen können, als Menschheit.
Manchmal ist es gut, wenn Welt stillsteht, um seine Gedanken fliegen zu lassen.